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Fotogeschichtliche Kontrapunktserie Nr. 9

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Der Protokollant

Erzählrunde 1

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Sylvie, Chantal, Yvette, Veronique! Husch, husch, beeilt euch, ihr Süßen! Warum trödelt ihr denn immer noch am Eingang und tuschelt so herzerfrischend vergnügt? Sind etwa vermögende fesche Prinzen von Geblüt auf euren Radarbildschirmen er-schienen?

Hofdame Yvette: Wir eilen tout de suite, Madame, nur un moment. Nils hat doch Sylvie gerade drei neue Fotos von sich geschickt. Oh, Gott! Welch süßer Schnuckel!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Aber Kinder, während unseres Parkspazierganges könnt ihr vier ihn wirklich lange genug anhimmmeln. Diesen Nils.

Hofdame Yvette: Wir springen avec grande vitesse herbei, Madame!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Halt, niiiiiiiicht so schnell, ihr verspielten Sausewinde! Seid ihr denn auch alle kuschelig angezogen? Es ist heute wieder eklig nasskalt draußen. Wenn ich schon den tristen grauen Himmel sehe.

Herrje! Vormittags zwischen 9 Uhr und 10 Uhr zusätzlich leichter Schneefall, kündigt meine App an. Ausgerechnet!

Hofdame Chantal: Sei unbesorgt, Constanze, wir sind warm genug verpackt.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Bravo, mes petites filles! Bei Schmuddelwetter könnt ihr euch besonders rasch erkälten. Vergesst bitte niemals: In unseren neuen normalen Zeiten genügt bereits einmal leise husten, prompt denkt alles ringsum entsetzt, du hättest Corona. Dieser sensationsgierige Planet fiebert ja nichts mehr entgegen als jener schockierenden Nach-richtenmeldung, sogar la cour comtale de Hanau-Münzenberg sei nunmehr Hotspot gewor-den. Und lacht sich dabei hämisch einen ins Fäustchen.  

Hofdame Sylvie: Oh, mein Gott! Nils ist soooooo süüüüüüüüüüüß!!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ach, Chantal, ma chère, gehst du nochmal flink retour ins Fo-yer? irgendwo muss eben schusseligerweise meine Schreibunterlage liegen geblieben sein. Damit geht das Korrigieren des gestrigen Protokolls wesentlich leichter. 

Hofdame Chantal: Ich eile, Constanze!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Hmmm, mal sehen...erster grober Überblick...tataaaaa...Herr-schaftszeiten...das liest sich eher wie Aus dem Leben eines Taugenichts. Diesen Zettel kriegt er auf jeden Fall nachher roter als schwarz um seine Backen gehauen. Im Grunde jedoch vor-hersehbar gewesen.

Hofdame Chantal: Hier, Constanze!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Merci beaucoup, meine Guteste! Also, Mädels. Wir drehen jetzt unsere gewohnte Morgenrunde. Ich korrigiere dabei diesen billigen Wisch. Ihr dürft während-dessen nach Herzenslust über Nils plaudern. Und hakt euch hinter mir schön ein, s'il-vous-plâit, damit ihr euch zusätzlich gegenseitig wärmt. Wärme ist das A und O an ungemütlichen Wintertagen.

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Protokoll von heute über das Treffen heute mit dem Grav über letztes Jahr und dieses Jahr. Analphabet! Graf heißt das!!! Überschrift! Ort! Thema! Protokollführer! Anfänger! Cretin!

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SCHREIBEN:

Protokoll über die außerordentliche gräfliche Geheimkonferenz vom 06. Januar 2021. Konferenzort: Hanau, Schloss Philippsruh.

Konferenzthema: "Zusammenfassender Rückblick auf zentrale politische Ereignisse des Jah-res 2020 mit Ausblick auf daraus resultierende Entscheidungsfindungen der Grafschaft Ha-nau-Münzenberg im laufenden Jahr 2021.

Protokollführer: Seinen Namen schreibe er selbst.

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Überhaupt, wo stehen die Anwesenden? Er erscheine morgen Punkt 9 Uhr im Empfangszim- mer, hole sich die Liste ab zum Ergänzen! Sämtliche Teilnehmer IMMER mit ins Protokoll, ka-piert? Und oben rechts das Datum hin!

 

Grav sagt Hallo! Tut ihm echt leid mit dem neuen Tag. Liegt an Corona. Keine Umgangsspra-che! Weiß er das nicht?

 

SCHREIBEN:

Seine Durchlaucht begrüßt alle Teilnehmer auf das Herzlichste, wünscht nachträglich ein fro-hes neues Jahr 2021 und bittet aufgrund der aus gegebenem Anlass leider notwendig gewor-denen Verschiebung des ursprünglich für den 30. Dezember 2020 anberaumten Sitzungster-mins vielmals um Entschuldigung. Grund: Abwarten offizieller Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz über eine erneute Verlängerung des Lockdowns.

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Hofdame Chantal: Pour l'amour de Dieu! Constanze, du schaust so ungehalten.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ach, Schätzelchen, weißt du. Manchmal frage ich mich ernst-haft, nach welchen Kriterien Zuckiputzi unser Personal rekrutiert. Morgens beim Aufwachen ist mittlerweile mein erster Gedanke: Schreck, lass nach! Wen heuert er heute an? Möglichst niedrige Kosten sind vom betriebswirtschaftlichen Aspekt zweifellos unerlässlich, letztlich je-doch nicht alles. Denkt an Yvettes spottgünstigen Neuwagen aus dem Internet. Dubioses An-gebot. Riecht stark nach Sonntagswagen. Finger weg!, warnte Dennis Kevin gleich. Und das Ende vom Lied? Auf eurer ersten Spritztour kurz hinter Langenselbold dommage total à la voiture. Vermutlich hatte Schulabbrecher Klaus gerade da fein den Unterricht geschwänzt als "Protokoll schreiben" dran kam.

Hofdame Veronique: Vielleicht fühlte er sich ja auch malad.

Hofdame Sylvie: Hiiiiiiiiii, Nilsi, bist du's? --- ... --- Was machst'n? --- ... --- Hänge gerade im Schlosspark ab. --- ... --- Bisschen chillen halt. --- ... --- Joaaaa, schon cool. --- .... --- Ne, echt jetzt? --- ... --- Booaah ey! --- ... --- Duuuuuuu, muss aufhören --- ... --- Liebe dich auch!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Wer ist das eigentlich...dieser...Nils? Zufällig jener berühmte Schwede? Gratuliere, Herzchen, gute Partie. Nur diese schreckliche Umgangssprache...tststs- tsts...Hofdamen parlieren en conversation stets auf Französisch. Alternativ à la mode. Jedoch niemals auf dem Niveau des gemeinen Paysans. Nur ganz intim vertraut unter uns fünf, wenn wir "per du" sind, nous faisons eine petite Ausnahme. Beispielsweise beim morgentlichen Fla-nieren. Darum, ihr Hübschen, lassen wir jetzt Hanau-Münzenbergs Hofsprache beiseite, quas-seln wie uns der Schnabel gewachsen ist.

Hofdame Sylvie: Verzeihung, Bernhardette. Nils kommt von drüben aus Mühlheim, jobbt in un-serer Grafschaft als Pizzalieferant.

Hofdame Veronique: Ja, und wegen Corona schafft er momentan doppelt so viel.

Hofdame Yvette: Jap, Pizzabäcker gehören echt zu den Gewinnern der Krise.

Hofdame Chantal: Absolut. Restaurantbesitzer haben dagegen voll gelost.

Hofdame Yvette: Außer du bist clever und bietest Abhol- beziehungsweise Lieferservice an.

Hofdame Chantal: Also eine Pizzeria auf gehobenerem Niveau.

Hofdame Veronique: Und fahren tut er ein silbernes Cabrio. Jooaaaa, ist schon ganz schick.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Schulabschluss?

Hofdame Sylvie: Na jaaaaaa...abgebrochen.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Also Klaus 2.

Hofdame Veronique: Vielleicht war Klaus ja damals in der Schule wirklich krank.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Stopp, meine Liebsten! Ich drehe mich jetzt niiiiiiicht um. Bitte gaaaaaaaannz ehrlich. Tragt ihr auch wirklich ALLE brav Masken? Eure lieblichen Glöckchen-stimmen klingen nämlich verdächtig klar. Außerordentlich verdächtig klar.

Hofdamen Yvette, Chantal, Sylvie, Veronique: Ööööööööhhhh...

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Eeeeeerwischt! Dabei sind unsere preisgekrönten, markenge-schützten Produkte doch total en vogue. Detailgetreue Handarbeit. Meisterhaft genäht. Inte- grierter FFP2-Schutz. Wahlweise Modell Antoine Watteau "L'embarquement pour l'ile de Cy-thêre", Francois Boucher, "La toilette de Vénus" oooooder Jean Marc Nattier, "Francoise Renée, Marquise d'Antin". Perfekte Accessoires zu unserer standesgemäßen Mode im Stil Louis XVI., welche wir voller Stolz tragen. Ja, da können sie von Deutschland nur voller Neid herüberblic- ken, demonstriert es doch auch optisch Hanauer Überlegenheit in sämtlichen Bereichen. Adel verpflichtet. Moderne Frauenkleidung, mehr Sammelsurium ausdrucksloser Karnevalskostü- me als wirklich unsere weibliches Wesen spiegelnd, hat diesseits des Flusses endgültig aus-gedient. Modes de la cour de France lautet das Motto. Was analog selbstverständlich für die Herren der Schöpfung ebenso gilt. Hopp, hopp! Aufsetzen, meine kleinen Schäfchen!

 

Grävin kommt zu spät rein. Hat wohl zu lange am Schminktisch gesessen. Alter, ich werd ver-rückt, was ne Granate! Dabei ist die doch garantiert noch keine 40. Frechheit!!! Was bildet er sich ein? Das hat ein Nachspiel! KOMPLETT STREICHEN!!!!!!!!!!!

 

Winkt dem Graven frech mit Kusshand zu. Grav lehnt sich auf seinem Stuhl lässig zurück, spreizt beide Beine weit aus, winkt Grävin mit ausgestreckten Armen eindeutig herbei, ruft: "Ei gude Zuckerhasi wie? Geh emol her zum Vadder!" Casanova! Angeber! Auf deinem Youtube Kanal und sonst redest du nur Französisch. Kannst also doch noch uff Hessisch babbeln. OOOH, WAGE ER ES NIE MEHR, MEINEM ZUCKERPUTZI DEN MUND ZU VERBIETEN!!!!

 

Sie springt herbei, setzt sich auf seinen Schoß, quietscht: "Bin schon daaaaaaaaaaa!!!!!! Zucki-putziiiiiiiiiiiiiiii!!!!!!! Er klatscht ihr voll aufs Gesäß, beide flirten. Na, die geht aber ran. Boaaaah, Alter, neeeeee, ey, ich werd ned mehr. Der eine Soldat reißt zwei Witze. Alles lacht. Auch die Grävin. Krass, Alter, wo bin ich denn hier bloß gelandet? Was geht ihn das an? Ich liebe Zucki-putzi! Mache er einfach nur seinen Job! Keinerlei wertenden Meinungen ins Protokoll. Sach-lich bleiben. Fürs nächste Mal. Außerdem hat General Jawlonskji gar nichts gesagt.

 

SCHREIBEN:

Hanaus Souverän und seine Gemahlin begrüßen sich beim Eintreten Ihrer Durchlaucht ehrer-bietig im galanten höfischen Stil.

 

Hey, Süße, setz dich mal zu mir, wie wärs denn mit uns beiden? Echt krass, Alter, Phillipßruh, bester Job. Boaaaaah, echt ey, was für ne kesse Biene, ich schwör, Alter. IGITT!!!!! Ungebilde-ter, plumper Bauerntölpel!!!!!!!!! Lasse er ja seine ungewaschenen Pfoten von mir, sonst geht meine adlige Contenance flöten.

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Sylvie, Veronique, Chantal, Yvette, ihr guten Mädchen, habt ihr jetzt hübsch eure edlen Schutz-masken auf?

Hofdame Veronique: Ja, Bernhardette. Aber warum müssen wir diese teuren lästigen Dinger eigentlich stets auch draußen tragen? Im Schlosspark sowie auf dem Mainuferweg gilt doch gar keine Maskenpfl...

Hofdame Sylvie: Oh, mein Gott! Oh, mein Gott! Oh, mein Gott! Nilsi hat mir ein soeben ein Foto vom Sommer geschickt! Oh, mein Gott!!!!! Er geht da gerade in Malibu zum Surfen. Sein arro-gantes Grinsen. Seine coole Sonnenbrille. Oh, mein Goooooott!!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Es tut mir sehr leid für dich, Sylvie, Schätzchen, diesen Beach-boy verbiete ich dir!

Hofdame Sylvie: ABER MADAME!!!!! ICH LIEBE NILS!!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Kein aber. 

Hofdame Sylvie: ICH WILL ABER MEINEN NIIIILS!!!! ICH-WILL-JETZT-MEI-NEN-NILS!!!!!!

Hofdame Veronique: Bernhardette, schau doch nur, das Drama. Sie liebt ihn wirklich. Könntest du nicht irgendwelche Ausnahmen machen?

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ausgeschlossen. Punkt.

Hofdame Chantal: Nicht weinen, Süße. Komm, nicht weinen. Ich drück dich auch gaaaanz doll.

Hofdame Sylvie: Oh, Chantiiiiiii, das tut soooooooo guuuuut. Niiiiiiiiiiiiiiilssss!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ein Vorschlag zur Güte. Wir biegen ausnahmsweise da vorne gleich links ab statt wie gewohnt geradeaus weiterzugehen. Ich möchte euch etwas für junge Damen sehr Wichtiges erklären. 

Hofdame Veronique: Darf ich fragen, Bernhardette, ...

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Aber Veroniiiiiiiiiique! Nicht so neugierig, meine Kleine!

Hofdamen Veronique, Yvette: Hihihihihihihihi.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Schaut. Dort fließt der Main. Auf der gegenüberliegenden Sei-te liegt?

Hofdame Yvette: Deutschland.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Wir jedoch befinden uns hier in?

Hofdame Yvette: Hanau-Münzenberg.

Hofdame Veronique: Stimmt. Wir sind als Grafschaft politisch selbständig und wollen deshalb mit denen da drüben nichts zu tun haben.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Perfekt resümiert, Liebes. Klar definiert durch jene Grenze, die seit dem 30. Oktober 2017 hier exakt in der Flussmitte verläuft.

Verständlich dass man seitdem in Berlin, Brüssel, Washington sowie New York eher weniger gut auf uns zu sprechen ist, weil ihnen die Grafschaft Hanau-Münzenberg ganz einfach nicht in den Kram passt. Von Wiesbaden ganz zu schweigen. Was liegt da also nahe?

Hofdame Chantal: Ähm...vielleicht Spione einschleusen? Weißt', Constanze, ich schaue wahn-sinnig gern Agentenfilme, da machen sie das ständig.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ach, Chantal, kluges Täubchen, bin unglaublich stolz auf dich!

Hofdame Yvette: Gütiger Himmel, Amalia, willst du damit etwa sagen...

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Jetzt hört mir einmal aufmerksam zu, meine Engelchen. Hand aufs Herz. Findet ihr es denn keine von euch mysteriös, wenn Pizzafahrer vornehme Hofda-men umgarnen? Dazu mit Cabrio. Und ja, Malibu gilt allgemein als teures Pflaster. Verdächtig! Sooooooo viel verdient Nils nie im Leben. Überlegt: Woher stammt das viele Geld?

Hofdame Veronique: Oh, Gott...vom Geheimdienst?

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Es wäre zumindest nicht auszuschließen. Überhaupt: Wie um alles in der Welt konnte dein Surfer trotz von Präsident Trump verhängter Corona-Einreise- sperre im sonnigen Kalifornien ungestört Urlaub machen?

Hofdame Chantal: Hmmm, im Film kriegen die dann oft mehrere Pässe.

Hofdame Sylvie: Niiiiiiiiiiiiiiillllsssss, du bist kein Spion, Niiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiilllllsssss!!!!!!!!

Hofdame Veronique: Weißt du was, Sylli? Ruf deinen Schwarm an, frag, ob er nebenbei heim-lich US-Bürger ist. Dann haben wir endlich Gewissheit.

Hofdame Yvette: Mensch, Veri, denk doch schaaaarf nach: WENN Nils Schloss Philippsruh tat-sächlich auskundschaften soll, wird er das gerade am Smartphone zugeben.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Exakt kombiniert, Mausekind. Ganz so dumm sind Spione nun auch wieder nicht. Seine zu Tränen rührende Ausrede von der Erbschaft vom geliebten Opa, welcher ihn einst jeden Tag zum Kindergarten brachte und wieder abholte, ist vorhersehbar.

Hofdame Sylvie: Oh, Chantiiiiiiiiiiiii, das tut sooooo guuuuuut, Niiiiiiiiiiiiiiiiilllsssss!!!!!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Jetzt mal ganz unter uns im Vertrauen, Mädels. Von Frau zu Frau. Welche von euch braucht schon drittklassige Nilse? Ihr verdient nur das Beste. 1 A Qua-lität. Ihr seid junge Backfische, bildhübsch, verspielt, herzensgut und außerdem in diesem Al-ter Gottseidank noch alle Jungfrau. Mit 20, 21 träumen fröhliche Wirbelwinde schwärmerisch vom zukünftigen Traumprinzen. Ja, stolz und wohlgemut steigt eines schönen Tages vollkom-men unverhofft direkt vor eurer Haustür ein strahlender Königssohn von weit her vom weißen Schimmel herab. Forsch springt er durchs an diesem warmen Sommermorgen weit geöffnete Küchenfenster, hebt euch dreist zuzwinkernd vom Frühstückplatz empor. Lässig schwingt sich der charmanter Frechdachs mit einem Arm wieder hinaus, ihr in seinem starken ande-ren, genießt kichernd eure tollkühne Entführung auf's prächtige elterliche Schloss. Alles ist bereitet. Eng umschlungen, euch einander zärtich küssend, gegenseitig unaufhörlich sanftes-te Worte scheu ins Ohr flüsternd, wie es Verliebte tun, reitet ihr sicher durch den wehenden Wind. Im Königreich wohlbehalten angekommen feiert ihr tags darauf prunkvoll eure Vermäh-lung, die festlichste, welche das Land je sah. Und als feierliche Krönung innigster Liebe zwi-schen Mann und Frau schenkt ihr eurem Gemahl jedes Jahr ein Kind. Mal wird ein Mädchen, mal ein Junge.

Hofdame Sylvie: Aaaach, es ist das höchste der Gefühle. Oooooh liebste Freundinnen, wie wird mir plötzlich so wohl ums Herz? Meine Stirn...sie glüht...schnell, schnell zu Hilfe, stützt mich, ich taumele...Nilsiiii...mein Frischvermählter...alles dreht sich in mir vor lauter Glück...

Hofdame Veronique: Bernhardette, schau nur, das Drama, Sylli fällt in Ohnmacht!

Hofdame Sylvie: Puuuuuuhh. Danke, liebste Freundinnen, es geht schon wieder. Süßseste Ge-danken raubten mir sekundenlang sämtliche Sinne, ich konnte nichts dagegen tun. Oh, bitte schaut weg, ich werde ja knallrot. Was geschieht mit mir? 

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Etwas wunderschönes, bezaubernde Sylvie. Das ist bei uns et-was vollkommen Natürliches. Du spürst im Innnersten voller Freude, mit deinen 20 Jahren nun endültig zur jungen Frau herangewachsen zu sein, deine Teenagerzeit für immer hinter dir gelassen zu haben, bist dir deiner becircenden Weiblicheit voll und ganz bewusst. Unbän-dige weibliche Empfindungen drängen dich nun mit alle Macht zum Mann hin. Du möchtest unbedingt darin aufgehen, Energien verströmen in deiner angeborenen Rolle als gehorsame Prinzgemahlin, Mutter und späterer Königin. Dem treusorgenden Gatten ein gemütliches war-mes Schloss bereiten, ihm beim Regieren den Rücken freihalten, den von ihm sehnsüchtig er-warteten Thronfolger gebären, alles das wird dein einziges frauliches Verlangen sein. Seine Rückkehr aus der siegreichen Schlacht sehnsuchtsvoll am Fenster erwarten, beim freudigen Erspähen sogleich strahlend winken, mit einem Baby auf den Armen, deine Beine fest um-klammert von dessen zwei älteren Geschwistern. Und vorne wölbt sich bereits erneut stolz ein recht stattlicher Bauch, jubelnd vor purem Glück beim Herunterlassen des Schlosstores dabei sein, King Perfect an die ordentlich gedeckte Tafel geleiten, ihm anschließend den Fern-seher anmanchen, kühles Bier samt behaglichen Pantoffeln zum Sessel bringen, all das wird für dich den größten Lohn als fürsorgliche Herrscherin bedeuten. Selbstverständlich hat es bis dahin noch Zeit. 25 ist das perfekte Alter für Prince Right. Mit ihm trittst du als Jungfrau aufrecht vor den Traualtar, stolz, dich als anständiges Mädchen nicht billig weggeworfen zu haben. Wahre Liebe wartet. Freilich wollen junge Damen ihr Leben bis dahin in vollen Zügen genießen, Geld verdienen, Spaß haben. Was Chantal, Veronique, Yvette und dir dabei im Mo-ment allerdings noch fehlt, ist jenes gewisse Quentchen Lebenserfahrung; besonders jener parkettsichere Umgang mit Männern. Ihr seid tugendhafte, unschuldige Mademoiselles, könnt da erröten, wo andere Gleichaltrige keine müde Miene mehr verziehen. Ich bin Gott unsagbar dankbar, euch vier zu haben und könnte mir keine besseren Bediensteten wünschen. Nur wis-sen das leider auch Geheimdienste. Was also wäre naheliegender als charmante Blender auf wohlbehütete Hofdamen anzusetzen?

Hofdame Yvette: Oh, wie mies und gemein von denen!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Politik, reizendes Geschöpf. Nun versteht ihr, weshalb ich mir jeden einzelnen eurer Chats ansehe. Im Internet wimmelt es vor solchen Typen, die nur eines planen: naive, gutgläubige Mädchen und Frauen zu täuschen. Das sind Vollprofis, wissen ge-nau, welche Wortwahl zieht, damit ihr euch vor Glück im Siebten Himmel wähnt.

Hofdame Yvette: Nochmal mit Verlaub, aber klingt das alles nicht ein bisschen stark nach Ver-schwörungstheorie, Amalia?

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Oh, himmlische Unschuld! Mitnichten, meine kleine verträum-te Yvette. Kommt, wir blicken gemeinsam nochmal rüber nach Deutschland. Was seht ihr da?

Hofdame Sylvie: Niiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiillllsssssss!!!!!!!

Hofdame Yvette: Die Wolken vom Staudinger, und das bei dem trüben Wetter.

Hofdame Veronique: Ja. Und Büsche. Und Bäume. Wie auf unserer Seite.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Seeehr gut. Büsche und Bäume. Nochmal Hand aufs Herz, ihr pfiffigen Mädchen. Glaubt ihr ernsthaft, dass drüben keine versteckten CIA-Mitarbeiter sitzen, die uns tagein tagaus mit Fernrohren, Feldstechern oder anderen Spezialgeräten heimlich be-obachten? Deshalb, Kinderchen, sind Corona-Schutzmasken außerhalb des Schlossgebäudes von unendlich großer Bedeutung. Wenn die CIA euch ohne sieht, verschickt sie sooofort Mittei-lungen an Europas Boulevardblätter. Morgen früh lest ihr dann: CORONASKANDAL!!!!! Hanau-Hofdamen im illegalen Partyrausch!!!!! JETZT Klartext reden, GRÄFIN!!!!!

Hofdame Chantal: Oh, wie fies!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Politik, bildübscher Engel.

Hodame Yvette: Ich bitte nochmals um Verzeihung. Ähm...du...Amalia...mit Verlaub, stimmen eigentlich jene Behauptungen überall, das gegenüberliegende Mainufer sei ursprünglich bis zum 30. Oktober 2017 ebenfalls Hanau gewesen. Ähm...und erst dein Mann...?

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ach, blondgelockter Engel, erinnere mich blooooß nicht daran! Dennis Kevin war am Tag seiner Ausrufung im Eifer des Gefechts leider ziemlich kurzsichtig. Kaum auf dem Rathausbalkon gekürt, brauste er in der goldenen Kutsche tatenhungrig zu den Steinheimer Mainwiesen, schloss dort kraft absoluter Machtbefugnis alle jenseits des Flusses liegenden Stadteile aus der neu gegründeten Grafschaft Hanau-Münzenberg voreilig für ewige Zeiten unwiderruflich aus. Dadurch wollte er die historische Grenze zum Kurfürstentum Mainz reaktivieren. Ohne groß nachzudenken. Ein schwerer Fehler. Lediglich für Steinheims Bahnhof gelten bis heute komplizerte Sonderregelungen.

Hofdame Yvette: Das ist aber höchst ärgerlich. Denn ohne diese Entscheidung wäre das an-dere Ufer ja weiterhin Hanauerisch, und amerikanische Agenten könnten uns nicht beglotzen.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Politik, Lämmchen, Politik. Mal gewinnst du, mal verlierst du. Die wahre Kunst besteht deshalb darin, mehr zu gewinnen. Wie beim Roulette.

Hofdame Yvette: Ich verstehe, Amalia.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Na ja, wenigstens achtet dafür unser Personal nach zig Beleh-rungen mittlerweile endlich entlang des Uferweges auf die ständig offenen Mülleimer mit ek-ligen Resten davor. Habt ihr die vorwitzige Krähe gesehen? Hüpfte neugierig heran und über-legte, was es wohl heute am leckeren Buffet geben mag. Unglaublich! Doch diese Zeiten sind vorbei. Philippsruh ist ein Schloss, keine Tierpension. Hier gibts nix mehr zum Picken, kannst du gleich auch deinen Artgenossen ausrichten. Aber jetzt weiter im Text. Auf, meine Damen!

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Los geht's mit dem einen Gesetz vom Graven. Wo hat er eigentlich gelernt, gar vortrefflich zu protokollieren? In der Baumschule? Sachlich und präzise, wenn's geht. Keine Umgangsspra-che!!!!! Und wann geht's endlich in sein Spatzenhirn rein, dass es GraF heißt?

 

SCHREIBEN:

Tagesordnungspunkt I - Rechtsänderungen: Seine Durchlaucht signiert das neue Gesetz über das "Verbot hoher Liebschaften".

 

Grav will nicht, dass in Hanau mit Fremden geflirtet wird, schafft überall die Liebe ab. Du Mo-ralapostel, du! Tust Menschen um ihr Glück bringen! Kann er seine Lauscher nicht richtig auf-spitzen????? Missverständlich, zudem viel zu kurz gegriffen.

 

SCHREIBEN:

Es regelt detailliert die Ahndung unstandesgemäßer Liaisons. Bereits der Versuch des Einfä-delns nicht standesgemäßer Arrangements ist strafbar.

 

Grav tobt dann, dass seine Töchter nur Jungs im Kopf haben, redet wirres Zeug, hat Angst vor komischen Typen. Was bist denn du für ein Vater? Das ist doch total normal bei denen jetzt. Willst ihnen ja nur den Freund nicht gönnen. Du Unmensch!!!!!! Mische er sich gefälligst NICHT in fremde Familienangelegenheiten ein, sonst knallt's!!!!!!!!

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SCHREIBEN:

Hanaus unumschränkter Herrscher führt avec précision aus, eine zutiefst beunruhigende Zu-nahme rechtzeitig enttarnter Versuche fremder Nationen, über auf seine drei Töchter ange-setzte Schein-Kavaliere Schloss Philippsruh zu infiltrieren, mache besagte Gesetzeseinfüh-rung unerlässlich.

 

Typisch Klaus, Protokoll schreiben und doch absolut null begriffen. Blödmann!

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Brauchst nämlich selber gar nicht groß den Mund aufzumachen, tust selbst heiße Hohvdamen beschäftigen. Willst dich wohl an die ranmachen. Mäträßen wie in Werssaih beim Sonnen-köhnick. Schäm dich!!!!! DAS nimmt er zurück!!!!! Unverschämter Kerl!!!!! Genau das Gegenteil ist der Fall, halten Wir doch die Prämissen von Friedrich Wilhelm I. diesbezüglich in höchsten Ehren. Schloss Philippsruh ist Potsdam, nicht der Dresdner Hof Augusts des Starken. Schrei-be Klaus sich das hinter die Ohren!!!!! Außerdem obliegt das Einstellen von Hofdamen aus-schließlich mir.

 

Und jetzt sag ich dem Graven noch was. Die Liebe ist eine starke Kraft, die überwindet alle Grenzen, wirst auch du nicht ändern können. Wirst schon sehen. Grad jetzt wenn bald wieder Walentinstag ist. Nur dass Mann und Frau sich total lieben zählt, nicht der Ahdelstant. Also lass deine Töchter endlich einen Freund haben, du. Egal wen. Ahaaaaa, daher weht der Wind! Unser Kläuschen unterstützt insgeheim Blendertypen! Bist CIA-Agent, gell? Mache er sich auf was gefasst, Freundchen! STREICHEN.

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Hofdame Veronique: Um Himmels Willen, Bernhardette! Du blickst so empört drein....

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Oooooooooh, dieser Kerl schreibt derartigen Stuss, das kostet mich noch den letzten Nerv.   

Hofdame Veronique: Nicht gut?

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Aaach, mein federleichtes Küken, ganz und gar nicht gut. Bald kenne ich mich vor lauter  Korrekturen, Pfeilen und Kringeln auf dem Blatt selbst kaum aus. Stell dir bloß vor, "Mätressen" nennt dieser Schuft euch liebreizende Wesen!!!!! Und dann noch falsch geschrieben!!!!!

Hofdame Chantal: WAS FÄLLT DEM EIN??????? Der bekommt von mir links und rechts ein paar gehörige Ohrfeigen!!!!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Oh, gütiger Himmel, Chantal, Hoppelhäschen, versündige dich nicht! Denk an die höfische Etikette! Ganz Schloss Philippsruh kennst doch das Problem. Alles kommt daher, weil Dennis Kevin jeden dahergelaufenen Haderlumpen einstellt.

Hofdame Yvette: Bitte beruhige dich, Amalia, morgens mit dem Fuß stampfen tut niemals gut. Denk doch lieber an unser ausgiebiges gemeinsames Frühstück zurück. Wie wir vor dem Los-gehen gemütlich beisammen am blumengeschmückten Tisch saßen und bei duftendem Kaf-fee sowie frischen Croissants mit Konfitüre herrlich schwätzten. Ich glaube, es gibt auf dem Schloss nichts schöneres als unsere vertraute Frühstücksrunde. Nur wir fünf. Vertraut beiei-nander sitzen, sich Zeit nehmen, absolut entspannt den neuen Tag begrüßen.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ach, Yvettchen, wie poetisch du das formulierst. Hach, liebend gerne würde ich dich fest an meinen Busen drücken. Doch die akute Bedrohung vom gegen- überliegenden Ufer aus verbietet es. Am Ende steht morgen geschrieben: BALD HOCHZEIT!!! Sie umarmen sich schon eng in der Öffentlichkeit!!! Scheidungsanwalt heute im Schloss!!!

Hofdame Yvette: Oh, Gott...Amalia...ich erröte vor Scham!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Deshalb, ihr Schätzchen. Denkt daran. Draußen nuuuuuur mit Maske.

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Sklave kommt rein, verbeugt sich tief, stellt einiges vorne hin. Erstens ist das ein Diener, zwei-tens nennt man "einiges" gelegentlich auch "technisches Equipment", drittens gehört das nicht ins Protokoll. STREICHEN.

 

Sklave geht rückwärts langsam in noch tieferer Verbeugung wieder raus. Grav spielt sich auf, macht Handbewegeungen, ruft: "Ei, mach dich weg, sieh zu, dass de fort kimmst! Un mach die Tür hinner dir zu! S' zieht!" Alles lacht. Demütigend. So, jetzt erzähle ich dem Graven mal was. Sklaven sind auch Menschen. Vergiss das niemals!!! Dieser arme Teufel hat immer noch seine Würde. Und du machst dich vor allen über ihn lustig, willst ihm auch die noch nehmen. Selbst im Backingam Palast verlassen sie längst nicht mehr rückwärts verbeugt das Zimmer. Nur hier bei dir in Hanau. Sklaventreiber! Interessant. Woher hat er eigentlich diese Insiderkennt-nisse? Sind wir also doch nicht ganz sooooooo dumm wie wir tun. Bist am Ende wirklich von der CIA. STREICHEN.

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Grav zeigt Foto vom Schloßs wegen der einen Geschichte vom Februar. Ist aber vom März.

Seine Geschmacklosigkeit kennt wirklich keinerlei Maß mehr! Geniert er sich denn überhaupt nicht? Derart schreckliche Tragödien lapidar abzutun????? Unschuldige Menschen starben!!!!! Acht Wochen lang ließ Dennis Kevin voller Anteilnahme Trauerbeflaggung hissen. Unsensib-les, herzloses Sujet!!!!! Pfui!!!!! Raus aus unserem Schloss!!!!!!!

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Grav haut wütend mit der Faust auf den Tisch. Rede er kein Blech! Das ist doch bloß eine Re-dewendung.

 

Springt auf, reißt's Fenster auf, ballt beide Fäuste, droht Richtung Main. Plärrt rum, dass das kein Zufall ist, dass das genau ausgerechnet in Hanau passiert ist. Das war nämlich absicht-lich von der ganzen bösen Welt gegen ihn, weil er schon seit 2017 Hehrscher ist. Alle wollen ihm nur schaden. Was für ein Deutsch! Indirekte Rede! Konjunktiv!

 

Ahaaaa, bist also auch Ferschwörungsteoretikher, glaubst das, was man sich in der Stadt so alles darüber erzählt. Na, komm erstmal zu Mami, Kleiner. Was erzählt man sich denn so alles in der Stadt? Weiß er am Ende etwa mehr als der offizielle Bericht, Monsieur CIA-Agent?

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Grävin flippt aus, springt auch auf, schreit zum Graven rüber, dass ihr das Rumgeplärre reicht, ja, und dass er sich sofort wieder hinsetzt, weil sonst nachts nichts läuft. Der eine Soldat ruft, dass er dann eben zur flotten Veronique gehen soll. Alles lacht. Außer Grävin. Peinlich. Wo bin ich bloß gelandet? Nochmal, das geht ihn einen feuchten Kehricht an! Ferner respektabler Humor unter Kumpels. Außerdem hat General Jawlonskji gar nichts gesagt SCHREIBEN: Nein, STREICHEN! Alles ab "Graf zeigt Foto vom"! Zu brisant!

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Als nächstes will Grav das Reden verbieten. Zeigt Kirchturmbild. Rennt zum Fenster gegen- über, reißt's auf, Fäuste drohen jetzt Richtung Zentrum. Wie im Film. Plärrt wieder los, dass nämlich wenn er erneut einen hört, der sagt, dass er 2017 gesagt hat, dass Hanau mit dieser Kanone vom Schiff jetzt gleich einen Schuss abbekommt, genau, den lässt er ohne Gnade ins Gewölbe unterm Karussell einsperren. Bei Wasser und Brot. Ein Jahr. ES REICHT!!!!! Wie lange willst du Tyrann uns noch schikanieren? Du kannst doch nicht Menschen den Mund verbieten! SEI ER STILL!!!!! INDIREKTE REDE ÜBEN!!!!! SETZEN!!!! 6!!!!!!!

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Grav sieht überall mächtige Ferschwöhrä gegen Schlosß Phillipsru, die sagen, dass nur er an allem Schuld ist, weil er für Geld halt wie Lenin seine Revolution mit einem Schuss vom Pan-zerkreuzer Aurora begann und dabei den Spruch klopfte. Deshalb will man ihm den Februar anhängen. Krakehlt: "Aber nicht mit mir!" Sag bitte, dass das alles nicht wahr ist! Wenn du An-stand und Ehre besitzt, eile raus auf den Balkon! Sprich von oben weinend zu deinem Volk! Schwöre, du bist kein Kommunist! Schwöre, du wirst niemals von Schlohs Filippsuh aus den Ostblock wiederherstellen, den Gorbatschow verspielte! Fass dir ein mutiges Herz! Oh, fürchte dich nicht! Die Leute unten werden dir glauben. Hundertprozentig. Du musst jetzt nur eins zu ihnen sein: aufrichtig! Sie haben ein Recht darauf, von dir die reine Wahrheit zu erfahren! Hal-te Kläuschen mal gefälligst den Ball flach! Besagtes Foto hat Zuckiputzi damals tatächlich sel-ber gemacht, als Unser gewaltiger, wegweisender, bahnbrechender, bis heute unübertroffener Regentschaftsantritt am 30. Oktober 2017 gerade an der Marienkriche fulminant begann. 

Wenn du jedoch wirklich Kommunist bist, versprich Hanau feierlich auf dem Balkon, dass du nächste Woche Glasnost und Perestrojka bringst. Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Du weißt doch, dass das Marx und Engels schon im Manifest der Kommunistischen Partei schrei-ben, dass das Gespenst des Kommunismus in Europa rumläuft. Und jetzt dazu Corona. Zwei Ängste auf einmal verkraften die Leute psychisch nicht mehr. Drum darfst du es auf keinen Fall wie Stalin machen. Das Karussellgewölbe darf keine zweite Lubjanka werden. Nur Gor-batschows Lehren bieten deinem Arbeitervolk sozialistische Perspektiven. DAFÜR SCHMEISS ICH DICH EIGENHÄNDIG RAUS, KLAUS!!!!! Nur zur Info, damit nachher in der Jobagentur keine Gerüchte sprießen. Zugegeben. Geld floss tatsächlich, und zwar für Russlands exklusive Son-dererlaubnis, dass eigens für den 30. Oktober 2017 vom Panzerkreuzer Aurora noch einmal jener berühmte Kanonenschuss von 1917 abgefeuert sowie gleichzeitig aufgenommen wer-den durfte. Besagte Tonaufnahme holte Zuckiputzi höchstpersönlich in St. Petersburg ab, ließ sie dann im Inneren der Turmhaube in Originallautstärke ertönen. Und Kirchtürme ähneln nun mal Schiffskanonen. Je nach Sichtweise. Und ja, während Dennis Kevin am Baum vor der Ma-rienkirche auf den soeben per Knopfdruck ausgelösten heftigen Knall wartete, rief er voller Euphorie hoch: "Ha, jetzt werde ich dieser Stadt einen gehörigen Schuss vor den Bug knallen!" Mon Dieu, Herr Neunmalklug, eine witzige Anspielung zum 100. Jahrestag. Ein Gag! Er weiß sicherlich schon, was das ist, ein Gag? Oder irre ich mich? Schloss Philippsruh hat nichts zu verbergen. Wir tragen strahlend reine Westen. Eine Dreistigkeit ohnegleichen, ihm 2020 da-raus einen Strick drehen zu wollen. Deswegen führte er vollkommen zu Recht entsprechende Paragraphen ein. Der Herr Protokollant würde an seiner Stelle genauso handeln.

 

SCHREIBEN:

Graf Dennis Kevin I. von Hanau signiert unter großem Beifall das neue "Anti-Aurora Gesetz". Es regelt detailliert die Ahndung jeglicher verbalen sowie nonverbalen Aussagen, welche den am 30. Oktober 2017 erfolgten ruhmvollen Herrschaftsbeginn Seiner Durchlaucht im Zusammen-hang mit der russischen Oktoberrevolution von 1917 sehen. Bereits der Versuch ist strafbar.

Erzählrunde 2

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Un petit moment, meine Liebsten! Seid ihr auch alle noch brav warm hinter mir eingehakt? Bald können die angekündigten Schneeschauern einsetzen.

Hofdame Chantal: Aber selbstverständlich, Constanze. Du brauchst dir wirklich keine Gedan-ken zu machen. Wir wärmen uns gegenseitig.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Dann bin ich von ganzem Herzen beruhigt.

Hofdame Yvette: Ach, Amalia, du bist immer so fürsorglich.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Denkt daran, ihr quirligen Haselmäuschen, alles bei Hofe ge-schieht nur zu eurem Besten. Oh, nein, ich Dummchen! Sylvie, Rehkitzchen, husch bitte flink ins Frühstückzimmer zurück! Dort muss ich vor dem Rausgehen meine Lesebrille vergessen haben. Vor lauter Korrekturgekritzel erkennst du tatsächlich kaum noch deine eigene Schrift. Und bring bei der Gelegenheit fürs Korrigieren zusätzliches Schreibpapier mit!

Hofdame Sylvie: Ich spute mich, Bernhardette.

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Grävin geht vor. Beginnt Vortrag. Wie bitte? Krise als Chance? Soll das ein Witz sein? Gewäsch. Das sagen sie immer. Weißt du nicht, was seit fast einem Jahr auf der Welt abgeht? Glaubt dir doch kein Mensch! Nein, echt keine Ahnung, was denn? Tschuldigung, hab's nicht so im Köp-fchen. Und jetzt klär mich mal auf: Warum sollen Viren für uns bitteschön keine Chance sein?

 

SCHREIBEN:

Tagesordnungspunkt II - Kontrollmaßnahmen zur CoVid-19-Bekämpfung: Ihre Durchlaucht re-feriert zum Thema "Die globale Coronapandemie. Krise, Herausforderung und Potential für die Grafschaft Hanau-Münzenberg". 

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Na gut, lass hören. Zeigt Foto vom ersten Lockdown im März 2020, wie sie mit dem Soldaten am Main auf der Lauer lag. Sagt, war erste Coronakontrolle im Land. Ahaaa, daher weht also der Wind! Ok, Klaus, zugegeben. Die rot-weißen Absperrbänder flatterten teilweise schon et-was, merkt man aber zum Glück nicht. Auf Jawlonskjis Bildern hingegen...hihihihi.

Grav unterbricht von oben herab: "Ei, Zuckerhasi, schau, da ist viel zu viel Licht drauf. Mit dem Rücken zur Sonne, Zuckerhasi, mit dem Rücken zur Sonne. Dann wird's perfekt." Möchegern-fotograf! Besserwisser! Sie patzig: "Phh! Kann ich was für, wenn sehr starkes Morgenlicht am Kontrollpunkt ausgerechnet von links kommt? Denk mal besser nach! Und außerdem wirkt es dadurch wärmer. Und ich liebe helle Farben. Und mit dem Rücken zu Sonne kann jeder. Und ich wollte den Main mit drauf haben. Und deshalb war DAS unser Standort. Punkt!" Grav winkt ab: "Frauen!" Zischt zurück: "Männer!" Richtig, gib ihm Saures, lass dir so was als Frau nie-mals bieten!!!!! Im Protokoll nichts künstlich aufbauschen. Kurzaustausch unter verheirateten Fotografen über ideale Standorte. STREICHEN.

 

Grävin zeigt nächstes Aufnahme, da wo der erste angeradelt kommt.

Armer Kerl. Hiermit erkläre ich, Klaus, mich mit dem Radfahrer solidarisch und erhebe feier- lichen Protest gegen derart menschenunwürdige Schikanen. Sagt, was tat dieser Mann aus dem Volke euch, dass ihr so mit ihm umgesprungen seid? 100 Euro habt ihr ihm abgeknöpft. Nur weil sein Helm etwas schief saß. Und das bei einer Coronakontrolle Geht's noch? Absolu- tistische Willkür! Gemeine Abzockerei! Freundliches Ermahnen hätte gelangt. Hööööörr Klaus: Auch leicht schräge Schutzhelme bergen immense Gefahren in sich. Überlegen Süh mal. Das Ding fällt runter. Eine entgegenkommende Radfahrein, Mutter dreier Töchter, kann nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Die Kinder radeln direkt hinter ihr. Kriegen alles mit. Darf's ausführli- cher? Verstehe, sooo einer sind Sie, nehmen selbst schwerste Radunfälle billigend in Kauf!!!!! SIE...SIE... MONSTER!!! Grav sichtlich zufrieden. Sieht schon die Kasse klingeln. Hab von dem nix anderes erwartet. Befiehlt, solche Kontrollen überall regelmäßig durchzuführen. Ruft dem Soldaten zu: "Macht's dabei stets wie Zuckerhasi. Corona ist egal. Hauptsache, teuer!" Oh, ihr verachtenswerten feudalen Ausbeuter! Dacht ich's mir doch von Anfang an. Krise als Chance. Die Zeche zahlt immer der kleine Mann. Wollt eure Untertanen auspressen wie Zitronen. Ja-wohl, Marx und Engel, die zwei lieben Freunde, hatten euch schon damals durchschaut. Ihr feudalen Ausbeuter, ihr!!!!!!! Komm, reg dich wieder ab. Du gibst es ja selber zu, sogar Dennis Kevin zollt meiner Idee größten Respekt. Im Absolutismus immer mit der Zeit gehen in diesen außergewöhnlichen Zeiten. Ähm, Verzeihung, in dieser neuen Normalität.

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SCHREIBEN:

Graf Dennis Kevin I. von Hanau-Münzenberg zieht ein außerordentlich positives Fazit über je-ne von Ihrer Durchlaucht am 25. März 2020 begonnene Pilotmaßnahme CoVid-19 gemeinsam bekämpfen. Aber richtig!. Aufgrund ihrer nachweislich überdurchnittlich hohen Erfolgsquote befiehlt der Souverän in weiser Voraussicht ab sofort flächendeckende Umsetzungen aller da-rin enthaltenen innovativen Vorkehrungen als probate Mittel auf Hanau-Münzenbergs Weg ei-ner überaus erfolgreichen Pandemiebekämpfung. Langer, anerkennender Applaus sämtlicher Teilnehmer unterstreicht die bewundernswerte Fürsorge unseres lieben, trefflichen Herrn.

 

Zeigt die Schiffsanlegestelle. Dorthin lief sie anschließend mit dem Soldaten Berichtet stolz über die Prämiähre des neuen Überwachungsgerätes für Binnenschiffe, ob der Käpt'n wirklich zentimetergenau auf der Flussgrenze fährt. Teuer. Coronamaßnahme. Bin ja nur ein einfaches Arbeiterkind. Aber wenn ich's richtig kapiere, scheint das Teil eine Art super modernes Navi-system zu sein. Zuerst muss man's hinhalten, dann wird automatisch die Grenzlinie sichtbar.

Misjö Oberfotograf gibt wieder seinen Senf dazu: "Ei, Zuckerhasi, schau, das ist viel zu viel ge-gen das Licht fotografiert. Mit dem Rücken zur Sonne, Zuckerhasi, mit dem Rücken zur Sonne! Dann wird's perfekt." Sie pampig: Hahaha! Können vor Lachen, wenn mein Gemahl gleich am ersten Tag sämtliche Stadtteile jenseits des Mains aus unserer Grafschaft hinauskomplemen-tiert hat. Ohne deine politische Dummheit, wäre ich zur Schiffskontrolle natürlich rüber nach Steinheim gefahren. Grav poltert als Hausherr los: "Das Weib schweige in der Kirche! Ich bin hier der Mann! Auf dein Zimmer!" Oh, du patriarchalischer Macho! Schämst du dich nicht, vor anderen Leuten dermaßen verachtend mit deiner dir von Mama und Papa am Traualtar anver-trauten Ehefrau zu sprechen? Ihre innig geliebte Prinzessin schenkten sie dir, begleitet vom Orgelklang, Tränen in den Augen, die Tochter nun loslassen zu müssen! Und du willst auf ihre Kosten deinen unwürdigen Auftritt vertuschen! Dich aus politischer Verantwortung stehlen! Statt als romantischer Romeo mit deinem süßen Herzblatt bei flackerndem Kerzenschein, lei-ser Musik und einem guten Glas Rotwein auf dem Sofa zu kuscheln, dabei deiner liebsten Ju-lia voller Zärtlickkeit ewige Treueschwüre ins Ohr zu hauchen. Doch es wird dir nicht gelingen, Freundchen. Steinheim kennt diese Kerbe. Fotos kursieren im Internet. Damit kommst du nie im Leben durch!

Sie faucht zurück: "Sei still, sag ich dir!!!!! Sei still!!!!! Wie ein wilder Berserker mit dem Degen auf die Wegbank eindreschen ohne jeden Verstand, nur du bringst das fertig!!!!! Dir mangelt's an politischem Weitblick!!!!! Hauptsache, nach außen groß den neuen Graven markieren. Jetzt hat Schloss Philippsruh die Bescherung: Von Deutschland gaffen sie uns ins Zimmer! Echt su-per gemacht, Dennis Kevin I. Graf von Hanau-Münzenberg!!! Da lasse ich meinen Göttergatten nur einziges Mal allein in der Sadt unterwegs sein!!!!! Politamateur!!!!! Greenhorn!!!!! Komm, dank ab!!!!!" Allgemeine Erheiterung. Ich, Klaus, verneige mich in Demut vor holder Weiblich- keit. Lass dich von Paulus nicht einschüchtern. Religion ist Opium fürs Volk. Doch du bist eine wahnsinnig starke Frau. Bitte, verzeih mir vielmals, dass ich dich in meiner derben Werktäti- gensprache als feudale Ausbeuterin bezeichnete. Tief im Herzen spüre ich die aufrechte Mar-xistin-Leninistin in dir! Hä? Was? Wer? Wo? Wie? Hach ja, Vollblutromantiker Klaus macht wie-der aus ner Mücke nen Elefanten. Derart naiv können nur Unverheiratete daherquaken. Was stand in deiner - ich schäme mich dieses Wort dafür zu benutzen - Bewerbung? Warte, öffne flink die Datei: "Hab noch keine abgekriegt, äh, sind vielleicht bei dir im Schloss zufällig wel-che frei?" Und solche Spinner stellt Zuckiputzi reihenweise per Handschlag ein. STREICHEN. 

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Zeigt großes Schiff, das gerade vorbeifuhr. Grav dreht sich mit verschränkten Armen absicht-lich um. Grävin macht dasselbe, spricht weiter, ohne ihn zu beachten. Wie Kleinkinder. Wart's nur ab, Klaus, wart's nur ab. Solltest du irgendwann doch noch zufällig eine abkriegen, gebe ich euch Turteltauben sechs, maximal acht Monate; dann sitzt ihr beide genauso rum. Aber ich warne dich, lass deine ungebildeten Hände von Unserem weiblichen Personal! STREICHEN.

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Sie erklärt das neue Navi. Das ist kein Navi. Das ist die von Profis der Grafschaft Hanau-Mün-zenberg extra hierfür entwicklelte App watchyourshiponthefrontier. Trademark. Geht einfach. Nachdem du den Fluss geprüft hast, wo die Linie ist, abwarten, bis ein Schiff auftaucht. Dann wieder hinhalten, so lange wie du magst. Fertig. Du hast meine Rechenbeispiele unterschla-gen! Nehmen wir an, dieses Schiff weicht auf seinem Weg zur Mühlheimer Schleuse 10% von der inmitten der Fahrrinne verlaufenden Grenze zu unseren Ungunsten ab, erhöht sich nach Adam Riese zeitgleich für Hanau-Münzenberg das Risiko, dass sich Infizierte an Deck auf un-serem Staatsgebiet bewegen um ebenfalls 10%. Ergibt in diesem Fall 60%. Daaaaa staunste! Denkst wohl, Frauen können kein Mathe. Männer! 

Der Soldat schlägt 1000 Euro Bußgeld für jedes Prozent vor. Bei Weigerung, wird für sie die Maingrenze gesperrt. Grävin findet Vorschlag gut. Ruft in ihrer Beleidigtenpostion: "Was meint der Herr Gemahl dazu?" Grav ebenfalls noch mit verschränkten Armen abgewandt: "Phhhhh, mit dir rede ich nicht mehr! Damit du's weißt!" Sie: "Phhhh, mir doch piepegal. Ich mit dir so-wieso nicht mehr! Damit du's weißt!" Erwachsene Babys. Nochmal, Traumtänzer, ich gebe dir Brief und Siegel, nach spätestens acht Monaten hat's sich ausgekuschelt. Von Liebe und Luft kann niemand leben. Ist das jetzt ne Geheimkonferenz oder ein kostümiertes Affentheater? Hauptsache, wie die damals rumstolzieren. Allein das zählt im Schloss. Zur Frage: ersteres. Kleider machen Leute, schrieb schon treffend Gottfried Keller. Ok, kennste eh nicht. Grävin: Wenn du hier den Mund nicht aufkriegst, entscheide ich!!! Jawlonskji, wir machen 1500 draus! Nein, 2000!" Wegelagerin!!!!! Diebin!!!!! Kriminelle!!!!! Wusst ich's doch gleich. Philippsruh ist ein modernes Raubritterschloss! Keinen Deut besser als die mittelalterlichen Zollburgen am Rhein. Ein skrupelloser Absahner nach dem anderen. Ehrliche Schiffer um ihr letztes Hemd zu bringen, darin wart ihr schon immer Meister. Feudale Ausbeuterklasse!!!!! Könnte es even-tuell sein, dass sein Denken recht sprunghafte Züge aufweist? Nennt mich erst Ausbeuterin, dann Genossin, jetzt erneut Ausbeuterin. Wie soll ich ihm denn da folgen? Kommt vom Stress. Klausihausi benötigt dringend Entspannung. Nimm mal Yogaunterricht. Stand Up Yoga auf der Kinzig wäre perfekt. Bietet eine gute Schulfreundin an. Zum inneren Gleichgewicht finden. Po-sitive Energie freisetzen. Falls du ins Wasser plumpst, Katja ist im Nu zur Stelle. Anfang Mai starten ihre Kurse. Dann stehen nach Unseren Prognosen endlich überall genügend Schnell-tests zur Verfügung. Hapert ja da momentan gewaltig, passend zu ersten Dämpfern bei der am 27. Dezember angelaufenen großen Impfkampagne. Einfach ins Testzentrum gehen, den hoffentlich aktuellen negativen Tagesnachweis abholen, und los geht's! Bis es allerdings so-weit ist, fassen wir oben Erwähntes kurz werbewirksam zusammen, einverstanden?

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SCHREIBEN:

Unter staunenden Blicken aller Anwesenden demonstrtiert Ihre Durchlaucht die von jungen, motivierten Hanau-Münzenberger Softwarepionieren entwickelte, vollkommen neuartige Co-rona-Warn-App watchyourshiponthefrontier TM. Das Produkt aus der Stadt traditionellen Er-findergeistes besticht nicht nur durch sein ungewöhnlich elegantes, schlankes Design sowie benutzerfreundliche Anwendungsfunktionen, sondern überführt zudem mit einer Genauigkeit von sagenhaften 100% binnen Sekundenbruchteilen Binnenkapitäne und Bootsführer, welche international festgelegten Flussgrenzen weniger präzise folgen. Mathematische Studien bele-gen hohe prozentuale Erfolgssteigerungsraten beim Einsatz von watchyourshiponthefrontier TM im Kampf gegen CoVid-19.

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Gräfin von Hanau-Münzenberg: Hoffentlich kommt nur Sylvie bald zurück. Gleich kriegt mein Füller wirklich beim besten Willen nichts mehr aufs Papier. Dieser Klaus ist so eine Nulpe, na-tülich muss er ausgerechnet in dem Format ausdrucken, welches am wenigsten Rand lässt. Beim nächsten Abzweig biegen wir dann zum Teichbecken ab, ihr possierlichen Murmeltiere.

Hofdamen Yvette, Chantal, Veronique: Ok.

Hofdame Chantal: Aber du hast Recht, Constanze, wo bleibt sie nur?

Hofdame Yvette: Stimmt, eigentlich müsste sie längst wieder da sein.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ich bin allmählich wirklich besorgt. Hoffentlich hat sich mein kleines Rehkitz nicht unterwegs verlaufen.

Hofdame Veronique: Nicht auszudenken! Kommt, wir gehen Sylvie suchen!

Hofdame Chantal: Ne, wartet, ich ruf sie an!

Hofdame Yvette: Und?

Hofdame Chantal: Besetzt.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Nils!

Hofdamen Chantal, Veronique, Yvette: Nils!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Herrjemine, mir schwant Fürchterliches!

Hofdame Chantal: Was denn nur, Constanze, was denn nur? Meinst du, Sylvie wurde entführt? Bei den Gebeinen von Saint Oswald, bitte, sprich doch, Constanze!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Heute vielleicht noch nicht; zweifellos jedoch sucht Nils für seine Hintermänner längst nach perfiden Mitteln und Wegen, Rehkitzchen in irgendein düste-res Geheimdienstquartier zu verschleppen.

Hofdamen Veronique, Yvette, Chantal: Bei der Heiligen Modwena!!!!!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Ich erahne sogar die Vorgehensweise dieses Pizzaschnösels. Er wird sie hier im Park daten wollen. Natürlich mit romantischem Picknick. Ha, du bist durch-schaut, Scheusal, Untoter, glaubst, dann endlich deinen unseligen Fuß einen Breit im Schloss zu haben. Schaust dich während auswendig gelernter, abgedroschener, schmieriger, verloge- ner, viertklassiger Komplimente klammheimlich um, sammelst Ortskenntnisse, während Reh-kitzchen dich in ihrer kindlichen Unschuld herzpochend anhimmelt. Und beim nächsten Spa-ziergang Hand in Hand zerrt der Vampir sein ihm erlegenes Opfer an günstiger Stelle fort.

Hofdamen Yvette, Chantal, Veronique: Ach, Bernhardette, du machst uns Angst!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Oh, bitte verzeiht mir, meine kulleräugigen Lemurenkätzchen, ich wollte euch nicht beunruhigen. Doch denkt an meine Worte!   

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Weiter geht's mit Maßnahmen vom letzen Lockdown, die sie jetzt im zweiten aber nicht mehr machen, etwa alles dichtmachen, wo Kinder draußen gerne sind. Sachlich korrekt. Sprachlich katastrophal.

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SCHREIBEN:

Im weiteren Verlauf referiert Ihre Durchlaucht über diverse zentrale Coronamaßnahmen, die schon während des ersten Lockdowns getroffen wurden. Einige von ihnen hätten sich in der Folgezeit im Rahmen der Pandemiebekämpfung als entbehrlich erwiesen und würden des-halb behördlich nicht mehr angeordnet. Dies betrifft:

a) vorsorgliche Schließungen sämtlicher Spiel- und Bolzplätze.

Corona. Der Zorn Gottes. Nur noch übertroffen von Pest und Spanischer Grippe. Womit haben wir Menschen das nur verdient??? Es lief doch prima. Dann der Schock. Schlagartig alles an-ders. Wochenlang durften Sina und Chiara von nebenan nicht raus auf den Spielplatz. Überall Verbotsschilder und Absperrbänder. Für Vier- und Fünfjährige die Hölle auf Erden. Der Markt in Wuhan. Die Flughunde. Oder waren es eher Fledermäuse? Aus dem Labor gestohlen, sagen auch viele. Fast ein Jahr geht das mittlerweile. Lockdown 2 gerade wieder verlängert. Bis zum 31. Januar. Heißt es. Hahaha, na klar, bis dahin wird der ganze Spuk enden. Da müssten doch längst Berichte drüber vorhanden sein. Warum brauchen die nur so ewig lange? Beeilt euch gefälligst, sucht schneller! Sina und Chiara besitzen ein Recht darauf zu erfahren, wie diese Tragödie passieren konnte.

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Nanu? Plötzlich wird es hier feierlich. Hat wer Geburtstag? Sogar Gravenpaar hört mit seinem albernem Getue auf. Vier Musiker kommen rein. Spielen, keine Ahnung, irgendwas. Kulturba- nause!!!!! Joseph Haydn. Streichquartett in C, Op. 76, Nr. 3., Kaiserquartett. Irgendwas!!!!! Alles erhebt sich. Grav geht mit zwei Soldaten vor. Verleiht Orden. Beförderung vom Leutnant zum Major. Beglückwünscht sie mit Handschlag. Vier Diener schieben mühsam zwei große schwe-re Kisten herbei. Wahnsinn, beide bis zum Rand voller Goldbarren, Juwelen und Diamanten!!! Für jeden eine. Wofür bloß? Grav fragt danach locker flockig: "Und, Männer, wie lebt es sich ei-gentlich in so einer Jurte?" Einer antwortet: "Gewöhnungsbedürftig, Euer Durchlaucht!" Alle lachen. "Dann erzählt mal!" Ich...ich...ich...kann...will einfach nicht glauben, was Major Dschu-gaschwili berichtet. DUUUUUUU FEUDALER AUSBEUTER STECKST ALSO DAHINTER!!!! Es war nicht Wuhan! Es waren auch keine Flughunde! Und Fledermäuse erst recht nicht! Los, Maul auf, wie seid ihr in der Mongolei an das Teufelszeug rangekommen? OOOOOOOOOOOOOOOOO-OOOOOHHHHH...IHR...IHR...IHR...IHR...IHR...!!!!! Auf, auf, weiter, wo habt ihr es ausgesetzt? OOO-OOOOOOOOOOOOOOOHHHHHH...IHR...IHR...IHR...IHR...IHR!!!!! Die Steppe, Dschingis Khans Hei-mat wurde durch euch Verbrecher entweiht!!!! Jetzt wird mir endlich klar, was Präsident Mac-ron damals meinte, als er vom unsichtbaren Feind sprach. Klaus weiß Bescheid. Dieser Feind ist keineswegs unsichtbar. Dieser Feind besitzt ein Gesicht. Besteht aus Fleisch und Blut. Im Zimmer steht er. Grinst. Zwei Meter entfernt. Weiße Perücke. Weiße Schminke. Trägt Kleidung wie früher. Wer deckt dich????? Du musst mächtige Verbündete haben. Aber eins versichere ich dir, Grävchen, dafür wirst du dich in Den Haag verantworten müssen!!!!! Das gehört sofort an die Öffentlichkeit. Ja! Nach Paris fliehen! Zum Élysée-Palast! Nein! Wird man dir überhaupt glauben??? Und damit hat sich unser kleiner Plauderaffe die Antwort bereits selber gegeben. Spart wertvollen Platz für wichtigere Randnotizen, bis Rehkitzchen gesprungen kommt. Dan-ke, Klaus! STREICHEN.   

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Feier fertig. Musikanten gehen. Sofort drehen sich beide wieder voneinander weg. Ehekrach, nächste Runde. Mensch, es reicht allmählich mit diesem dämlichen Kleinkindergetue! Lauft doch zum Main zu den Spielplätzen, da könnt ihr rutschen, schaukeln, wippen oder im Sand-kasten buddeln soviel ihr wollt. Die Verbotsschilder sind ja jetzt weg. Brecht doch einfach ab, wenn's euch hier langweilig ist. Muss eh noch einkaufen. Sie erzählt dann von was anderem, was sie auch nicht mehr tun. Ja, sie machen keine Grenzen mehr dicht, also nicht mehr total halt. Für wahre Europäer unfassbar! Man errichtete Grenzzäune. Länder gingen gegenseitig auf Distanz. Endlose Wochen waren EU-Bürger hilflos voneinander getrennt. Nachbarn von gegenüber mussten ihren Winter-Campingplatz räumen, binnen 14 Tagen aus Spanien ausrei-sen. Unser Schengentraum zerplatzt wie schillernde Seifenblasen. Und ihr habt natürlich vol-le Kanne mitgemischt. Hör wohl verkehrt! Prahlst mit dem Foto, das die vor eurem Kontrol- lrundgang frühmorgens bei Dunkelheit hastig abmontierte Anlegebrücke zeigt! JA! 

Auf der Steinheimer Brücke. Auf der A66. Auf der B45. Auf der Eisenbahnstrecke nach Fulda. Auf Waldwegen. Überall zeigten solche grässlichen Bauzäune unbarmherzig den Grenzverlauf an. Es gab weder raus noch rein. Wie diese Frau spricht! Eiskalt!!!!! Jetzt blicke ich endgültig durch! Haaaaa, jetzt ist die Katze aus dem Sack!!!!! OOOOOOOOOOOOOOOOOOOHHHHH...IHR... IHR...IHR...IHR!!!!! Darum ging es euch also! Deutschland sollte wieder den alten, vollkommen überholten Flickenteppich ausrollen Das ist also Philippsruhs wahrer Plan, die ganzen vielen Staaten von früher einführen. Das weiß ich noch aus der Schule, weil ich mich im Gegensatz zu den anderen immer fleißig am Unterricht beteiligte sowie heimlich unter den Bänken rum-gehende Briefchen meldete, wurde dafür vom Lehrer besonders gelobt. "Petze, Petze, ging in den Laden, wollte Schweizer Käse haben. Schweizer Käse gibt es nicht. Petze, Petze ärgert sich.", haben wir immer auf dem Pausenhof gesungern, Klaus. Ja, früher, da durfte jeder Grav, Bischohv oder Apt als feudaler Ausbeuter sein Volk knechten. Und diese Hexe erklärt, die Co-ronamaßnahmen sind erst der Anfang. Ein Test. Hilfe, warum erfährt nur die Welt nichts da-von, was hinter den Kulissen wirklich abgeht? Jedes Land, jeder Kreis, jede Stadt, überall an-dere Regeln. Keiner blickt mehr durch. Wacht endlich auf!!! Öffnet eure Augen!!! Wir sehen uns tatsächlich mit einer PLandemie konfrontiert. Seht, seht, sehr, ihr arbeitet für sie, ohne davon zu wissen!!!!! Warum zieht denn in Berlin keiner die Notbremse? Der Flickenteppich muss so-fort weg!!!!! Sofort!!!!! Grav und Grävin haben ihr scheußliches Ziel bald erreicht!!!!! Die Noooo-oooooooootbremse!!!!! Einheitliche Bestimmungen, sonst ist alles verloren!!!!! Niemals wieder zurück vor 1803!!!!! "Kombiniere, mein lieber Watson: Klein Klausis Lieblingsfach in der Schu-le war Geschichte. Und seinen Lehrern hat er schleimend ihre Taschen getragen." "Wahrlich, ein Schleimer wie er im Buche steht, mein lieber Holmes." "Dulden wir Schleimer auf Schloss Philippsruh, mein lieber Watson?" "Pfui, niemals, mein lieber Holmes!" "Also, mein lieber Wat-son?" "Streichen, mein lieber Holmes!"

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Hmmmmmm. Was ist los, Klaus? Komisch. Kann ich helfen? Also. Wenn ihr an Corona Schuld seid, warum wurden dann überhaupt die Grenzen geschlossen? War doch vorhersehbar. Je-des Kind in Hanau wusste doch, dass diese Pandemie irgendwann auch am Main auftaucht. Hattet ja nicht ohne Grund die Skifreizeiten abgesagt oder abgebrochen. Viren kennen keine Grenzen. Ich überlege halt. Ihr hättet euch damit praktisch in der Mongolei selber ein Bein ge-stellt. Oder dachtest du Grav und deine Frau ernsthaft, das Abmontieren von Schiffsanlegern hält CoVid-19 auf? Das verstehe ich, Klaus, noch nicht so ganz. Oder war alles eben bloß Fake, um absichtlich falsche Gerüchte zu streuen? Niiiiiiiiiiicchht schlecht, Herr Specht! Doch darauf muss er sich selbst einen Reim machen. Akuter Platzmangel verbietet mir leider nähere Er-läuterungen. Seine Schuld! Echt schade!  

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SCHREIBEN:

b) eine hermetische Grenzabriegelung.

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Trotzkind Grav fragt, wie wäre es, wenn wir die eine Schließung von 2018 teilweise wiedeho-len? Also einiges zumachen, anderes auf lassen. Mit zumachen meint er das wie mit der Fäh-re zwischen Mühlheim und Dörnigheim. Brachte angeblich seinem Reich einiges, alle sehen seitdem Hanaus Macht. Und ja, wenn sie das halt jetzt noch mehr tun, sehen gerade in Coro- nazeiten eben noch viel mehr Hanaus Macht. DU WARST DAS ALSO!!!!! Zeitungen schrieben, dass das wegen zu hoher Kosten passiert, dass sich alles nicht mehr rentiert. Hast das Rhein-Main Gebiet frech angelogen! Die schöne kleine blaue Fähre! Hast die Leute gemein um ihre geliebte Abkürzung betrogen!!!! Wegen dir müssen Autofahrer entweder die Rumpenheimer Fähre benutzen oder den weiten Umweg über Offenbach oder Hanau fahren. Trotzkind Grävin zeigt Bild von kurz nach dem Zumachen.     

Schau dir das an! Alles wegen deiner Prunksucht! Ratlos standen Fahrradfahrer herum. Hat-ten sich schon so sehr auf die Überfahrt gefreut. Doch du hast alles zerstört, ihnen ihren Aus-flug vermasselt!!! Behauptet Er! Radfahrer nehmen unvorhergesehene Hindernisse sportlich. Gehört dazu. Die wissen das. Wählen dann ganz einfach kürzere Alternativen.

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SCHREIBEN:

zu b)

Angesichts einer weiterhin akuten pandemischen Bedrohungssituation apokalyptischen Aus-maßes, ruft Hanau-Münzenbergs stets vorausdenkender Souverän zu deren erfolgeichen Ein-dämmung als Alternative hierzu das Modellprojekt Modifizierte teilhermetische Abschottung ins Leben. Ziel: kontrollierte, erheblich reduzierte Anzahl an Grenzübertritten.

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Ich erinnere mich. Eine Nacht- und Nebelaktion. Morgens um 5 Uhr dann das böse Erwachen für die ersten Berufspendler. Während du im warmen Bett faul pennen konntest. DIE FÄHRE NIMMST DU SOFORT WIEDER IN BETRIEB!!!!! WAS UNTERSTEHT ER SICH ALS UNTERTAN EI-GENTLICH, MEINEM ZUCKPUTZI BEFEHLE ZU ERTEILEN????? DAS DARF NUR ICH!!!!! VER-STEHT ER DAS????? NUR ICH!!!!! STREICHEN!!!!!

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Bitte, Grävin, sag, dass du jetzt nur scherzst, ich flehe dich an! Sag, dass du gerade einfach nur total lustig drauf bist. Hahahahahaha, der Gag ist echt gut. Als Ersatz einen Ruderbetrieb über den Main einrichten. Von Mai bis Oktober alle zwei Stunden eine Hin- und Rückfahrt, an-sonsten alle drei. Wetterabhängig. Echt klasse, dieses gestellte Foto, hahahahahaha!

Hahahahahahaha, jaaaaaaaaa, und das macht ihr Mann dann überall, stellt noch die Rumpen-heimer Fähre ein, sperrt die Großauheimer Brücke für Fußgänger und Räder. Auch dort heißt es dann: "Alle in die Riemen!" Hahahahahahaha, köstlich! Was ist da eigentlich so witzig dran? Stimmt, Dennis Kevin hat dich erst vorgestern angeheuert, kennst dich daher in Hanau und Umgebung nicht aus. Schau dir das ruhig in Dörnigheim mal an, wirst staunen, wie gut alles läuft. Hahahahaha, ruder doch eine Überfahrt rüber nach Mühlheim und zurück mit! Brauchst nur ein bisschen Schmackes. Natürlich gilt sowohl im Boot als auch am Anleger verbindliches Tragen einer FFP2- oder medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung. Wie Marie Antoinette sagen würde: "Wenn sie keine Fähre haben, dann sollen sie doch rudern."

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SCHREIBEN:

(noch zu b))

Graf Dennis Kevin I. von Hanau-Münzenberg gibt in diesem Zusammenhang eine Machbar-keitsstudie in Auftrag. Geprüft werden soll, inwiefern jenes im Juli 2018 aufgrund unrentabler Fährkosten zu Unserer größten Bestürzung in Betrieb genommene Ersatzkonzept unter dem Aspekt teilhermetischer Cornamaßnahmen sowohl auf die Rumpenheimer Fähre als auch den Fußgänger- und Radfahrweg der Großauheimer Brücke Anwendung finden kann.

 

Herr Grav kriegt Anruf. Wusste gar nicht, dass der Englisch spricht. Wundert mich eh schon mit seinem Hessisch manchmal. Kannte ihn bis vorgestern nur als Youtuber, der ständig vor-nehmes Französisch babbelt. Liegt garantiert an der Krise. Klingt erheitert. Haut fünfmal mit der Faust auf den Tisch. Grävin: "Fünf Minuten Pause!" Ach so, die verwenden daheim auch die Lautsprache. Ideal bei Ehestreit. "Hahaha, no, no, my dear friend, Wilhelmsbad is completely wrong." "Yeah, yeah, no problem, yeah, it really looks like a castle." "We live in Kesselstadt. Kesseltown. Kesselcity." "Yeah, yeah, you must drive back, at the crossing straight on until the roundabout. Inside please follow the shield Philippsruhe. Street goes over a railway bridge, af-ter this on the right side you can see now a big school. That's the Otto-Hahn-Schule. Always straight ahead on the Kastanienallee, so you reach automatically our nice château. Sure, there is a parking. See you soon, my dear friend." Erwartet wohl jemanden, hat sich scheinbar ver-fahren.

 

Ok, bis es weitergeht kann ich noch meine verstörten Gedanken ordnen. OOOOOOOOOOOOO- OOOOOHHHHH...DU...DU...DU...DU...DU...!!!!! Über Nacht brach damals der internationale Flug-verkehr zusammen. Überall gestrandete Urlauber und Reisende. Verzweifelt. Die große Rück-holaktion. Staatshilfen erhalten den Kranich am Leben. Nach Argentinien kommst du weiter-hin ausschließlich mit Sondergenehmigungen und Sondermaschinen rein. Und selbst wer im März 2020 irgendwohin abgehauen wäre, hätte bloß Lockdown gegen Lockdown getauscht. Aber es ergibt Sinn. Das Puzzle ist vollendet. Für deine grässlichen Absichen hast du rück-sichtslos nicht nur Europa, sondern sogar unser geliebtes globales Dorf in Geiselhaft genom-men. Wolltest international Panik schüren. Ablenken von dem, was du hier im Kleinen vorhast. Flugzeuge dienten dir dabei als Werkzeuge. Wie Einbrechern das Stemmeisen. Du schreckst vor nichts zurück. OOOOOOOOOOOOOOOOOHHHHHH...DU...DU...DU...DU...DU...DU...DU...DU...!!!!!

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Hofdame Yvette: Oh, sieh nur, Amalia, ein Flugzeug!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Mist! Ich befürchte, an dem Flieger verdienen wir nichts.

Hofdame Yvette: Du meinst, wegen der Überflugrechte?

Gräfin von Hanau-Münzenberg: DAS Standbein unseres Staatsetats.

Hofdame Yvette: Hm, denke aber schon, dass die Maschine noch über uns fliegt, oder?

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Schwierig abzuschätzen, wenn wir Glück haben geraaaade so. Aber Dennis Kevin kassiert ja nach Wegstrecke. Ein Verlustgeschäft ist das allemal.

Hofdame Chantal: Hoffentlich testet Deutschland keine neuen Anflugrouten, um uns finanziell zusätzlich zu schaden...

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Beunruhigend. Am Teich werde ich gleich Zuckiputzi anrufen. In der Krise zählt jeder Flieger. Und dann behauptet dieser selten dämliche Klaus allen Erns-tes, wir hätten Corona in die Welt gesetzt. Zwei Leutnants vom Hanauer Bataillon. Irgendwo in der Mongolei.

Hofdame Chantal: Ne, echt jetzt, Constanze? Voll unverschämt! Weiß doch jeder mit Wuhan.

Hofdame Yvette: Oder mit den Fledermäusen.

Hofdame Veronique: Oder den Flughunden.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Obwohl...so selten dämlich ist Klaus gar nicht. Mir schwant bei dem Übles.

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Warum musst du eigentlich immer gleich so dramatisieren, Klaus? Hey, schau mal, oben, ein Flugzeug! Siehste, läuft doch im Flugbetrieb alles wieder einigermaßen.

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Sagt mal, ihr tapsigen Honigbärchen. Ihr habt doch sicher immer artig im Unterricht aufge- passt, niiiicht waaaaaaaahr?

Hofdame Yvette: Selbstverständlich, Amalia, was denkst du nur von uns? Schießlich besuch-ten wir zusammen ein vornehmes Mädcheninternat in Irland.

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Dann könnt ihr mir garantieeeeeeeeert folgende Frage beant-worten.

Hofdame Veronique: Schieß los, Bernhardette!

Gräfin von Hanau-Münzenberg: Aaaaaaaaalllllllsssssoooooooo. Daaaaaaaarf man persönliche Vermutungen, egal ob zutreffend oder nicht, ins Protokoll schreiben?

Hofdamen Chantal, Veronique, Yvette: Jesus Christ, niemals, hat uns Mother Helen gelehrt!

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Sorry, Klaus, du hörst ja, was Mother Helen spricht. STREICHEN.

​

Nanu? Grävin gibt ihre Trotzhaltung auf, dreht sich wieder um. Zeigt nächstes Bild vom Rund-gang damals mit dem Soldaten. Fragt ihren Mann schnippisch: "Na, ist dem Herrn da auch zu viel Licht drauf? 250 Euro hatten wir hier gerade abgezockt. Tagesrekord. Die Stelle musste unbedingt auf's Foto. Meinte einer bei der Kontrolle ernsthaft, es gäbe gar kein Corona."

Grav bleibt stur abgewandt. Verschränkt absichtlich seiner Arme fester. Rückt auf dem Stuhl weiter weg ans Fenster. Sie: "Komm, sag schon, spiel hier nicht die beleidigte Leberwurst!" Er: "Phhhhhhh, miiiiiiir doch egal mit deinem Bild. Und überhaupt, du weißt ja, ich rede nicht mehr mit dir!" Trauriges Gesicht. Die Arme tut mir so leid. Taktloser Rüpel!!!!!!!! Sofort stehst du auf! Gehst zu ihr! Entschuldigst dich! Nimmst sie zärlich in deinen Arm! Damit alles es sehen!!!!!! Los, steh auf, oder soll Klaus dir Beine ma...oh, schaut mal, das Konferenzzimmer!  

Lass mich raten: bestimmt auch Lockdown 1. Bingo! Sie: "Redest du heute Abend auch nicht mehr mit deiner Frau?" Verzweifelter Versuch einer liebenden Gattin. Gleich rollen erste Trä-nen bei mir. "Ich will aber, dass duuuuuuuuuu...heeeeeeuuuuuttteeeeee Aaaaaaaabend mit mir spriiiiiiiiiiichst...Zuckipuuuuutziiiiiiiiii...duuuuuuuu!" Halt! Stopp! Anhalten! Warum säuselt denn ihre Stimme plötzlich so...so...so...boooooooaaaaaahhh, Alter, schau dir ihr Gesicht an, Alter!!!!! Und jetzt...Grav dreht sich wie elektrisiert langsam um, wie diese mechanischen Figuren vom Prager Glockenspiel. Sein Blick verändert. Wie hypnotisiert. Hm, scheinbar kennt er das. Boo-oooooaaaaaaahhhhh...hola, commandante, que passa aquí??? Nein, nein, nein, nicht die Zunge leicht über deine Lippen züngeln. Abbruch! Sofort Abbruch! Kommando zurück! Das ist immer noch ne Geheimnkonferenz. Die denkt gar nicht dran. Bitte, bitte, bitte nicht, nicht deinen Zei-gefinger so kokett an die Lippen halten, da drehst du ja durch, Alter. Was geht denn hier ei-gentlich ab, Alter? Hör auf, hör auf, hör auf, tu den anderen Zeigefinger sofort weg vom Dekol- leté, ist eh schon gewagt genug!!! Und den anderen nimmst du augenblicklich weg vom Kuss-mund!!!!! Schäm dich, wenn das Kinder sehen!!!!! Grav starrt willenlos. Nicht nur er. Die ersten schwitzen unter ihren Perücken. "Duuuuuuuuuuu...Zuuuckipuuuutziiiiiiii...ich möchte aber, das du heute Abend mit mir...reeeeeeeeeeeeeeeeeeeeedeeest...duuuuuuuuu. Ich mag das nämlich seeeeeeeeeeeehhhr. Deine Stimme...sie ist nämlich so unglaublich staaaaaaaaaaaarrkkk...und krääääääääääääääffftig...als du am 25. März 2020 vom Hofbalkon bekanntgabst, dass Hanau-Münzenberg dem bundesweiten Lockdown folgt, konnte ich sie während unseres Kontroll-gangs übers Schloss biiiiiiiiis zum Uferweg hören! So klaaaaaaaaaaar! So deeeeeeeeeuuuuu-uuuuuuuuutlich! Doch soooooooooooooooooooo weit weg!"

"Mag das gar nicht, wenn Zuckiputzi so weit weg ist, du nicht auuuuuuuuuuuuch? Puuuuuuuu-uuuuuuuhhhhhh!" Booaahh, ey, Alter, schau dir den an, Alter! Nickt wie ein kleiner Schuljunge, den Frau Lehrerin beim Spicken erwischte. "War daher sooooooooo daaaaankbar, als ich nach dem Rundgang wieder ins Schloss ging, jaaaaaaaaaaaaaaaaaa, eeeeeeeeeeeennnnnndlich!"

"Du findest das doch sicher auch nicht gut, wenn wir nicht naaaaaaaaaaaah beisammen sind, ooooooooooooodddeeeer?" Jetzt schüttelt Grav den Kopf wie ein kleiner Schuljunge, der nicht will, dass Frau Lehrerin nachher seinen Eltern davon erzählt. Irre Szene. Diese Teufelin zieht alle Register. Duuuuuuuuuuuuuhhhhuuuuuuu...Zuckiputziiiiiiiiiiiii...wollen wir heute abend mit-einander reden? Und soooooooooo? Nur wir beide...gaaaaaaaaaaaaaaannzzz...naaaaaaaaaaa- aaaaah? Puuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuhhhhh! Booooooaaahhh, Alter, Alter, Alter, ich glaub bei denen läuft was voll krass heut Abend, Alter!!!!! Wie der wieder nickt, Alter, eeeeeey, schau dir das an, Alter, wie ein kleiner Schuljunge, der Frau Lehrerin verspricht, von nun an immer ehr-lich zu sein! Regiert hier jetzt ein Grav oder ein Clown? Sie hat ihn in der Hand. Heiß gemacht. Zieht ihn an der Leine. Sie beherrscht Philippsruh. Zieht raffiniert die Strippen ihrer Marionet-te. Du Betrüger!!!!!! Belügst deine Fans auf Youtube. Lallst großspurig auf Französisch, dass bei euch der Mann Herr im Schloss ist. Weichei! Witzfigur! Pantoffelheld! Und deine Frau nickt jedesmal scheinheilig dazu. Ha, von wegen gehorsame Grävin, Pustekuchen!!!!! OH...OH...OH... OH...OH...OH...OH...OH...OH...IHR...IHR...IHR...IHR...IHR...!!!!! Frauenpower. Schon mal was von ge-hört? Kein Thema, Knusperkläuschen, war nur ne Frage. STREICHEN.

Fotogeschichtliche Kontrapunktserie Nr. 9

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